WTCR Japan: Drei Rennen, drei Sieger

Der FIA Tourenwagen-Weltcup WTCR steuert einem rasanten Saisonfinale entgegen. Beim achten Saisonlauf auf dem nur 2,2 km langen Ostkurs der Rennstrecke im japanischen Suzuka gab es spannende Rennen und große Leistungsdichte. Stark konnte sich Meisterschaftskandidat Esteban Guerrieri (ARG) in Szene setzen, der im Honda des deutschen All-Inkl-Teams einen Rennsieg (Lauf 1) und einen zweiten Platz (Lauf 3) einfuhr. Doch sein schärfster Konkurrent Norbert Michelisz (HUN) konterte mit einem Triumph im zweiten Heat, sodass Guerrieri zwar die Tabellenspitze zurückerobern konnte, aber nur mit einem hauchdünnen Sechs-Punkte-Vorsprung zum vorletzten Rennwochenende anreist: dem legendären Straßenrennen durch die Häuserschluchten des asiatischen Spielerparadieses Macau (14. – 17. November). Erfreulich aus deutscher Sicht war auch das starke Abschneiden der VW-Piloten. Johan Kristoffersson (SWE) siegte mit seinem Golf GTI TCR in Lauf drei, Teamkollege Rob Huff (GBR) belegte zuvor in Lauf zwei die zweite Position.
Rennen 1: Guerrieri meldet sich zurück
Mit Rundenzeiten unter einer Minute ging es rasant zu auf der kurzen Honda-Hausstrecke in Suzuka. All-Inkl-Pilot Guerrieri, der in der diesjährigen FIA-WTCR-Saison ab dem ersten Lauf an der Tabellenspitze mitmischte, meldete sich beim ersten Rennen des Wochenendes zurück an der Spitze, die er bei der siebten Meisterschaftsrunde in China verloren hatte. Die Grundlage legte er im Zeittraining, indem er sich die Pole Position sicherte. Sie setzte der Argentinier sicher in einen Rennsieg vor Niels Langerveld (NED) im Comtoyou-Audi RS3 LMS um. „Das ist einer meiner besten Siege“, sagte Guerrieri anschließend. „Der war aus vielerlei Gründen wichtig. Ich danke allen, die an diesem Projekt beteiligt sind.“ Dabei hatte Langerveld zunächst die Führung übernommen, denn nach dem Start war Guerrieri zunächst damit beschäftigt, sich gegen den Angriff von Langervelds Teamkollegen Frédéric Vervisch zu wehren. Doch ein Fahrfehler des Niederländers öffnete in Runde zwei das Fenster, und Guerrieri holte sich die Führung zurück, die er nicht mehr abgab. „Es war intensiv“, sagte der Rennsieger. „Die Audis waren leichter und auf der Geraden schneller. Nach dem Start haben die Räder von meinem Auto die von Vervischs berührt, aber der Honda ist robust wie ein Traktor. Langeveld ging innen durch in Führung, machte dann aber einen Fehler. Danach konnte ich das Rennen kontrollieren.“ Weniger glücklich verlief das Rennen für Vervisch, der seinen dritten Platz in Runde 7 verlor. Trümmerteile hatten sich zwischen Bremszange und Rad verklemmt. Dadurch wurde die Felge durchgeschleift, eine Safety-Car-Phase war die Folge. Ein zweites Mal ging das Safety-Car nach einem heftigen Unfall zwischen Andy Priaulx und Nicky Catsburg auf die Strecke, das das Feld bis ins Ziel anführte. So änderte sich nichts mehr am Klassement, in dem sich Tiago Monteiro (POR) im Honda Civic TCR des KCMG-Teams auf Rang drei geschoben hatte.
Rennen 2: Michelisz kontert
Beim zweiten Rennen des Wochenendes, das traditionell für die Top 10 in umgekehrter Reihenfolge des Qualifying-Ergebnisses gestartet wird, war es der gerade entthronte Norbert Michelisz, der kontern konnte. Er hatte sich als Trainingszehnter die Pole Position gesichert und setzte die gute Ausgangsposition prompt in einen Rennsieg um. Dem Hyundai-Pilot war dabei zwar stets der Brite Rob Huff im Golf GTI auf den Fersen, doch der 35-Jährige ließ dem Konkurrenten keine Chance für das entscheidende Überholmanöver. „Fantastisch“, jubelte Michelisz anschließend. „Das Rennen war sehr schwierig. Ich habe zu Beginn versucht, einen Vorsprung herauszufahren und sah, dass Rob zurückfiel. Aber er hat sich das Rennen und seine Reifen gut eingeteilt und kam zurück. Das waren 24 Qualifying Runden für mich, ich war am Limit.“ Sein Lohn: Die vorläufige Tabellenführung mit sechs Punkten Vorsprung auf Guerrieri, der diesmal nicht über den zehnten Platz hinauskam. Michelisz: „Vollgas zu geben war für mich die einzige Option. Ich bin sehr glücklich mit meiner Performance, Punkte sind wichtig, wenn man sie mitnehmen kann.“ Hinter dem Führungsduo kämpften Kevin Ceccon und Gabriele Tarquini um den letzten Platz auf dem Podium. Im Fight der italienischen Piloten behielt der Altmeister diesmal die Oberhand: Hyundai-Pilot Tarquini, der amtierende FIA-WTCR-Champion, konnte sich der Angriffe des jungen Konkurrenten in der Alfa Romeo Giulietta Veloce TCR erwehren und wurde Dritter. „Es ging heiß her mit Kevin“, gab Tarquini zu. „Kevin war im Rennen der schnellste Fahrer.“
Rennen 3: Kristofferson siegt, Guerrieri schlägt zurück
Im dritten Heat waren der Schwede Johan Kristoffersson (VW) und Esteban Guerrieri (Honda) für die Show an der Spitze zuständig: Kristoffersson stand auf der Pole, fiel beim Start aber hinter Tiago Monteiro zurück, der als Zweitplatzierter antrat. Bereits in der zweiten Kurve konnte der VW-Pilot aber Kontern und die Führung zurückerobern, die er bis ins Ziel nicht mehr abgab. „Mein Start war nicht der beste, und Tiago ist vorbeigekommen. In Kurve zwei ist mir dann aber der Undercut gegen ihn gelungen“, sagte zweimalige FIA Rallycross-Weltmeister. „Das war ein gutes Rallycross-Manöver.“ Zwischenzeitlich hatte sich nach einer Safety-Car-Phase Honda-Pilot Tiago Monteiro (POR) auf die zweite Position verbessert, die er aber in Runde 28 von 30 dem All-Inkl-Piloten wieder überließ, um dem Honda-Markenkollegen im Titelkampf zu helfen. Seinen Platz in der Spitzengruppe verlor Monteiro schließlich unter kuriosen Umständen: Nach einer Safety-Car-Phase in der finalen Phase des Rennens bog Monteiro zu früh in Richtung Box ab, statt über die Ziellinie zu fahren. Kevin Ceccon (ITA) ging im Alfa Romeo deshalb als Dritter über die Ziellinie. „Ein Missverständnis würde ich sagen“, erklärt Monteiro anschließend. „Ich dachte, es wäre die letzte Runde, und klarerweise muss man auf der Strecke ins Ziel fahren. Ich habe am Funk gesprochen, nicht richtig aufgepasst und wollte in die Box abbiegen. Ich bin direkt wieder zurückgefahren, aber dann hat Kevin mich überholt. Das ist etwas seltsam, denn es war ja noch Safety-Car. Die Entscheidungen an diesem Rennwochenende verwirren mich. Das ist schwer zu schlucken.“