Die Top-Teams des ADAC TOTAL 24h-Rennens auf dem Nürburgring konnten sich auch bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps bestens in Szene setzen. Vier Wochen nach dem Sieg auf der Nordschleife war es erneut das Team von Rowe Racing, das bei den TOTAL 24 hours of Spa siegen konnte: Diesmal pilotierten Laurens Vanthoos, Nick Tandy und Earl Bamber einen Porsche 911 GT3-R (991.II) für die Mannschaft von Teamchef Hans-Peter Naundorf. Nach 527 Runden rangierten sie schließlich vor Drudi/Niederhauser/Vervisch im Attempto-Audi R8 LMS GT3 sowie Müller/Engelhart/Ciroli in einem 911er des Teams Dinamic Motorsport.
Schon im Zeittraining konnten die aus NLS und 24h-Rennen bestens bekannten Piloten ihre Duftmarken setzen: Mercedes-Pilot Raffaele Marciello – am Nürburgring noch im GetSpeed-Auto unterwegs – holte gemeinsam mit seinen Teamkollegen Timur Boguslavskiy und Felipe Fraga im Akka-ASP-Mercedes-AMG GT3 die Pole im Einzelzeitfahren. Als nur knapp geschlagenene zweite standen Vanthoor/Mies/K. van der Linde im WRT-Audi R8 LMS GT3 in der ersten Startreihe. Auf Startposition drei dann schließlich die Polesitter des 24h-Rennens: Maro Engel und Luca Stolz, die im Cockpit des HRT-Mercedes-AMG GT3 diesmal von Vincent Abril unterstützt wruden. Doch sie alle konnten schließlich bei der Vergabe der Podiumsplätze nicht mitmischen, stattdessen starteten die von Platz 20 ins Rennen gegangenen späteren Gesamtsieger eine fulminante Aufholjagd.
Spannendes Rennen und turbulentes Geschehen
Dabei profitierte Rowe Racing vom super eingespielten Fahrer-Trio, einer perfekten Strategie und einem fantastischen Teamgeist. Auf der legendären Berg- und Talbahn in den Ardennen machten sie in einem spektakulären Rennen mit schwierigen Wetterbedingungen und der bisher längsten Nacht überhaupt keine Fehler. Nach einem Geduldspiel in der Anfangsphase hatte das Team in der Nacht erste Akzente gesetzt, als die beiden Le-Mans-Sieger Nick Tandy und Earl Bamber zwischenzeitlich bereits das hochkarätige Feld von 56 gestarteten GT3-Fahrzeugen anführten. Nach einer kurzzeitigen Rennunterbrechung in der Nacht hielt sich das Trio am Sonntagvormittag konstant im Bereich der Podiumsplätze, bevor in die letzten Stunden des Rennens auch dank zahlreicher Zwischenfälle und Safety-Car-Phasen zu einem echten Krimi wurden. Nick Tandy verkürzte mit zahlreichen Traumrunden den Abstand zur Spitze auf wenige Sekunden, war dabei aber am absoluten Limit unterwegs. In der 497. Runde verhinderte er nur mit einer unglaublichen Reaktion einen Abflug in der berüchtigten ultraschnellen Eau-Rouge-Kurve, was nicht nur beim wegen einer Erkrankung zu Hause vor dem Livestream mitfiebernden Teamchef Hans-Peter Naundorf für eine Schrecksekunde sorgte.
Die Weichen zum Sieg stellte das Team schließlich mit einer Strategieabteilung. Zunächst holte sie den Porsche 911 GT3 R knapp übe reine Stunde vor Ende des Rennens in einer Full-Couse-Yellow-Phase zum Nachtanken an die Box, verzichtete dabei aber auf einen Reifenwechsel, wodurch der Brite einen der beiden konkurrierenden Audi in der Box überholte. Zwei Runden später riefen die Strategen ihn noch einmal zu einem weiteren kurzen Nachtanken herein, um den vom Reglement geforderten Boxenstopp innerhalb der letzten 65 Rennminuten zu erfüllen. Dabei wurde auch der zweite Audi neben der Strecke überholt, und Nick Tandy ging 61 Minuten vor Ablauf der 24 Stunden als Führender in den Schlussspurt. Mit einem Vorsprung von 4,687 Sekunden lief er schließlich im Ziel ein und bescherte der Mannschaft aus St. Ingbert den zweiten Spa-Erfolg nach 2016.
Stimmen nach dem Rennen
Nick Tandy: „Dieses Finale werde ich niemals vergessen. Unser Sieg hing am seidenen Faden, als in der vorletzten Runde plötzlich extreme Geräusche im Heck unseres Autos auftraten. Es hörte sich fast an, als würden kleine Bomben explodieren. Ich habe mich erschrocken und im selben Moment gemerkt, dass die Hinterachse auf einer Ölspur herumrutscht. Was ich nicht wusste: Das Öl kam aus unserem Auto. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass uns der Porsche 911 GT3 R trotzdem noch bis ins Ziel gebracht hat. Die Erleichterung und die Freude sind unbeschreiblich.“
Earl Bamber: „Es ist einfach unglaublich. Das war eine echte Teamleistung, bei der jeder Einzelne das Maximum gegeben und niemals aufgegeben hat. Es sah zu Beginn so aus, als hätten wir kaum eine Chance. Aber mit riesiger Entschlossenheit sind wir bis ganz nach vorn gekommen. Dieser Sieg fühlt sich einfach nur herrlich an. Wir hatten in diesem Jahr viel Pech. Der Triumph in Spa lässt all diese Dinge vergessen – es ist einfach ein Traum!“
Laurens Vanthoor: „Mir kommen wirklich die Tränen. Das Jahr 2020 war für uns sportlich oftmals schwierig, weil wir nie das Glück auf unserer Seite hatten. An irgendeinem Punkt habe ich im Kopf fast schon einen Schlussstrich unter diese Saison gezogen. Und dann gewinnen wir ausgerechnet mein Heimrennen in Spa-Francorchamps. Die Emotionen sind unbeschreiblich. Das muss ich erst einmal sacken lassen.“