Am 30. März verstarb Peter Geishecker, der als Rennleiter und Orgaleiter über Jahrzehnte das 24h-Rennen prägte. Unter der Führung des gebürtigen Kölners wurde die Veranstaltung, die er mit Engagement und Ideenreichtum, mit Kreativität und Tatendrang und nicht zuletzt einem großen rheinischen Herz lenkte, zum größten Rennen der Welt. Fast die Hälfte seines Lebens war Geishecker für das 24h-Rennen aktiv – zunächst ab 1977 als Leiter Start/Ziel, von 1981 bis 1995 dann als Rennleiter. Erstmals 1993 und dann ab 1996 bis zu seinem Abschied 2014 fungierte er als Orgaleiter, zwei Jahre nach dem Ausscheiden wirkte er noch im Organisationskomitee mit. „Seinem“ Rennen und dem Nürburgring blieb er aber auch danach noch eng verbunden. Davon zeugt nicht zuletzt, dass er seinen Lebensabend in seiner Eifeler Wahlheimat verlebte, wo er nun im Alter von 83 Jahren friedlich einschlief.
Eigentlich war Peter Geishecker ein „Spätberufener“, denn der 1937 geborene Kölner fand erst mit gut 40 Jahren in die Rollen seines Lebens. Der zuvor aktive Motorsportler am Steuer von Käfer, Porsche und Alfa Romeo Giulia stieß ab 1977 zum Team, das das 24h-Rennen organisiert. In diese Zeit fiel auch ein beruflicher Umschwung. Der gelernte Einzelhandelskaufmann hatte bis dahin den elterlichen Obst- und Gemüsehandel geführt, den er später selbst liebevoll als „Kappesboutique“ bezeichnete. Mit dem Aufkommen immer leistungsfähigerer und preiswerterer Computer erkannte Geishecker aber das Potenzial dieser Technologie und gründete die „WIGE Data“: Mit elektronischer Zeitmessung im Motorsport und vielen weiteren Sportarten leistete das Unternehmen Pionierarbeit. In den folgenden zehn Jahren kam auch noch die TV-Produktion hinzu. Bis zu seinem Rückzug als Vorstandsvorsitzender der inzwischen zur AG gewordenen WIGE im Jahr 2009 glänzte das Unternehmen auch beim 24h-Rennen immer wieder mit ideenreichen Hightech-Produktionen, die das Geschehen immer umfassender in Szene setzten. Das aus der WIGE hervorgegangene Unternehmen Sporttotal setzt heute als Halter der Vermarktungs- und Übertragungsrechte des 24h-Rennens Peter Geisheckers Arbeit fort.
Mit der „freundlichsten Rennleitung der Welt“ zum Mega-Event
Geishecker begleitete, leitete und prägte das 24h-Rennen über mehr als 40 Jahre. Nachdem er als „Leiter Start und Ziel“ 1977 bis 1979 durch Kompetenz und Souveränität aufgefallen war, wurde er ab 1981 zum Rennleiter. In der neuen Aufgabe begrüßte ihn die Eifel mit Windstärke 8 und Dauerregen – ein Härtetest. Doch Geisheckers Stärke war stets, auch die größten Krisen erfolgreich und mit unerschütterlichem rheinischen Optimismus zu durchschreiten. Seine typische Führung der Rennleitung sollte in den kommenden Jahren prägend sein: „Wir sind die freundlichste Rennleitung der Welt“ war seine Devise – und nicht nur damit zog er Fahrer, Teams, Hersteller und Sponsoren an. 1989 knackte das 24h-Rennen erstmals die Marke von 100.000 Zuschauern: eine Rekordmarke. Viele Entscheidungen seines Teams erwiesen sich dabei als richtungweisend – vor allem, nachdem er ab 1996 als Orgaleiter das Reglement revolutionierte. So wurden 1996 DTM- und GT-Fahrzeuge wieder zugelassen, ab 1998 gab es die Gruppen „24h Spezial“ und „VLN Serienwagen“. Das Kölner Motto „wer kütt der kütt“ sollte auf der Rennstrecke gelebt werden. Mit Erfolg, denn das Rennen wuchs weiter. 200 Fahrzeuge und 600 Fahrer, insgesamt 850 Rennwagen und 1800 Teilnehmer gab es im Jahr 1999 beim 24h-Rennen.
Prägend für die wichtigsten Strukturen beim 24h-Rennen
Das 24h-Rennen entwickelte sich weiter. Befragt nach seinen persönlichen Highlights nannte er vor allem Dinge, die heute das 24h-Rennen ausmachen: Die Öffnung für GT3- und GT4-Fahrzeuge etwa. Oder die Schaffung von Technikausschuss und BoP als Steuerungselemente: Strukturen, die das Rennen heute ausmachen. Aber auch das größte Porsche-Rennen der Welt im Rahmenprogramm des 24h-Rennens oder die Auftritte der DTM auf der Nordschleife gehörten dazu – und wer Geishecker in solchen Momenten sah, der konnte einen freudestrahlenden Funktionär und riesigen Motorsport-Fan erleben. Dem gläubigen Katholik war aber auch wichtig, dass das Rennen ein menschliches Antlitz behielt. Von kaltem Manager-Gehabe hielt der Unternehmer mit dem rheinischen Akzent wenig. Aber wer dahinter eine leichtfertige „Kölsche Frohnatur“ vermutete, lag falsch: Bei aller Jovialität war er ein knallharter Verhandler, und wer seine Ehrlichkeit und Verlässlichkeit ausnutzen wollte, hatte wenig zu lachen. „Das 24h-Rennen ist das größte Rennen der Welt und voller Eigenarten und Regelungen, die weltweit einmalig sind. In diesem permanenten Ausnahmezustand wollen wir alle menschlich und vernünftig miteinander umgehen – und dabei ein professionelles Ergebnis erzielen“, sagte er selbst zum Stil, den er pflegte. Und das setzte er um.
Vielfach geehrt für ein großes Lebenswerk
Für seine Verdienste wurde Geishecker vielfach ausgezeichnet. 2019 etwa wurde ihm für sein Lebenswerk der „Nürburgring Award – Life Time Achievement“ verliehen. Der Deutsche Motor Sport Bund DMSB zeichnete ihn im Jahr 2014 mit der höchsten Auszeichnung des deutschen Motorsports aus – dem DMSB-Pokal. Der damalige Präsident Hans-Joachim Stuck, der als Rennfahrer beim 24h-Rennen den Tausendsassa mehr als einmal erlebt hatte, fasste das Lebenswerk in seiner Laudatio zusammen: „Peter Geishecker hat sich in den vergangenen Jahrzehnten als Funktionär und Unternehmer, Visionär und unermüdlicher Macher ausgezeichnet und ist vielen Motorportlern als ‚Mr. 24h-Rennen’ bekannt. Unter seiner Obhut entwickelte sich das 24h-Rennen auf dem Nürburgring zu dem, was es heute ist: das größte Rennen auf der längsten Rennstrecke der Welt.“ Und als ihm der ADAC Nordrhein die Ewald-Kroth-Medaille in Gold mit Brillanten als höchste sportliche Auszeichnung des ADAC Regionalclubs verlieh, resümierte der Vorsitzende Peter Meyer: „Peter Geishecker blieb am Ende immer er selbst: ein positiver, rheinischer, Mensch. Nie vergaß er dabei auch, wo er herkam.“ Diese Bodenständigkeit hebt auch Walter Hornung, heutiger Rennleiter des 24h-Rennens und Sportleiter des ADAC Nordrhein hervor: „Neben aller Professionalität, die Peter Geishecker zum 24h-Rennen und in den gesamten deutschen Motorsport brachte, hat er doch nie den menschlichen Aspekt vergessen. Dafür sind der ADAC Nordrhein, die Mitarbeiter der Sportabteilung, alle meine ehrenamtlichen Kollegen und ich selbst sehr dankbar. Vielen Dank, Peter!”