Multiclass racing: Die Mischung macht‘s

Die 24h auf dem Nürburgring sind eine bunte Klassengesellschaft – und das ist gleichzeitig Reiz und Herausforderung bei diesem Endurance-Klassiker der besonderen Art: An der Spitze liefern sich die großen GT3-Fahrzeuge von Aston-Martin, Audi, BMW, Ferrari, Lamborghini, Mercedes-AMG und Porsche enge Duelle um den Gesamtsieg. Daneben treten aber auch „kleinere“ und seriennahe Rennwagen an: Allesamt sind Vollblut-Racer, die aber hinsichtlich Performance und Rundenzeiten den Platzhirschen teils deutlich unterlegen sind. Dennoch geht es auch hier beim Fight um die begehrten Siegertrophäen leidenschaftlich zu. Am Volant findet sich hier eine Bandbreite von ambitionierten Amateuren bis zu Profipiloten, die im Kampf um den jeweiligen Klassensieg auf der 25,378 km Strecke durch die grüne Hölle alles geben.

„Hier in der Eifel heißt es nicht, die Großen gegen die Kleinen, sondern die Großen mit den Kleinen“, entgegnet der erfahrene Nordschleifen-Pilot Nico Menzel (Falken-Porsche), angesprochen auf diese Klassengesellschaft. Auch er begann seine Karriere auf der Nordschleife nicht gleich im Porsche 911 GT3 R, wie er ihn in diesem Jahr bei Falken Motorsport an der absoluten Spitze des Feldes pilotiert. „Ich musste damals meinen Nordschleifen-Führerschein machen und habe auf einem Porsche Cayman angefangen. Das war eine sehr gute Erfahrung, und ich kann mich noch daran erinnern, wie damals der D-Zug an GT3-Fahrzeugen an mir vorbeizog. Umso besser, dass jeder Fahrer, der schnell fährt, auch einmal in einem kleinen Fahrzeug gesessen haben muss“, erzählt der heute 26-Jährige aus Kelberg in der Eifel.

Kein Nordschleifen-Rennen ohne Permit

Auch für die Teilnahme am 24h-Rennen ist eine sogenannte „Nordschleifen-Lizenz“ (offiziell: DMSB Permit Nordschleife) Voraussetzung. Das sorgt für Sicherheit, da durch das Regelwerk ein Mindestmaß an Nordschleifen-Erfahrung und spezieller Regelkunde bei den teilnehmenden Fahrern sichergestellt wird. Die Permit gibt es in drei Stufen von A bis C, für das 24h-Rennen ist mindestens die Stufe B erforderlich. Diese genügt jedoch nur für die kleineren Performance-Klassen. Für die stärkeren Leistungsklassen ist Stufe A nötig. Ein Direkteinstieg ist hier nicht möglich, denn der Erwerb der Stufe A führt nur über Einsätze in „kleinen“ Klassen mit dem Permit der Stufe B. Dazu müssen Fahrer die Teilnahme an zwei Nürburgring-Langstrecken-Veranstaltungen vorweisen, bevor sie Stufe A erhalten.

„Das Verkehrsmanagement ist in einer kleineren Leistungsklasse eindeutig schwieriger“, erklärt Porsche-Pilot Menzel. Nur gut, dass es Möglichkeiten zur Einstimmung gibt: „Die Qualifiers bieten die bestmögliche Gelegenheit, um uns unter Rennbedingungen auf die 24h Nürburgring vorzubereiten“, erklärt etwa Thomas Preining (Manthey-Porsche 911 GT3 R). Ihm und den Kollegen ging es beim intensiven Vorbereitungswochenende nicht nur darum, „das Auto, die Reifen und das Set-up zu testen – auch das Überholen im Multi-Class-Verkehr muss man üben – es ist ja einiges los auf der Strecke. Wir überholen so viele Autos pro Runde, das ist gar nicht so einfach und gehört trainiert.“

Auch der „Zwerg“ im Feld fightet um die Plätze

Zu den kleineren Fahrzeugen im Starterfeld der 24 Stunden zählt etwa der beliebte Dacia Logan von Ollis Garage (#318), der nach einem Rennunfall bei den 24h 2023 auch mit Unterstützung einer Crowdfunding-Aktion neu aufgebaut wurde und nun als 280-PS-Turbo in der Klasse SP3T antritt. Der neue Motor stammt aus einem Renault RS: „Sehr geil! Ich brauchte nicht mehr die ganze Zeit in den Rückspiegel schauen und konnte sogar ein paar Fights führen“, soll Oliver Kriese nach den ersten Runden im leistungsstärkeren Dacia gesagt habe, berichtet Ehefrau Sabine. Noch im vergangenen Jahr hatte der Logan 150 PS. Ein anderes beliebtes Fahrzeug, der Opel Manta mit originalem Fuchsschwanz wechselt in diesem Jahr hingegen ins Youngtimer-Rennen im Rahmenprogramm der 24h.

„Oft hilft: Schwung mitnehmen und möglicherweise ein schnelleres Fahrzeug vorbeilassen, um sich anschießend hintendran zu hängen“, berichtet Nico Menzel aus eigener Erfahrung. „Das Schlimmste, was im Verkehr passieren kann: Beide treffen sich in der Mitte einer Kurve und beide müssen abbremsen.“ Das hat auch Audi-Pilot Ricardo Feller während der 24h Qualifiers erlebt: „Der Verkehr ist spannend, ein paar Mal musste ich gefühlt glatt anhalten. Man merkt, dass alle noch etwas vorsichtig sind und nichts riskieren wollen – das ist ja auch gut so.“ Das wird sich bis zum 24h-Rennen vom 30. Mai bis zum 2. Juni noch ändern. Bis dahin haben alle Fahrer die nötige Nordschleifen-Erfahrung gesammelt.